Ein Ausflug nach Cousin Island ist etwas Besonderes – nicht nur wegen der vielen Vögel und Tiere, sondern auch weil man dort eines dieser unberührten Paradiese findet, nach denen auf den Seychellen alle suchen. Und weil die Insel das geschafft hat, was man eine Erfolgsgeschichte nennt.
Jetzt heißt es warten. Es ist 9.35 Uhr morgens. Ich sitze in einem kleinen Boot. Vor uns liegt eine kleine einsame Insel, die gerade eben so aus dem Meer ragt. Das Meer strahlt mit der Sonne um die Wette und zeigt sich in den grellsten Türkistönen. Fast schon kitschig. “Wir sind zu früh”, sagt der Skipper. “Die Insel öffnet erst um 10 Uhr”. Und tatsächlich: Selber anfahren dürfen wir die Insel nicht. Keine fremden Boote, zu gefährlich sei das, was man eventuell anschleppen könnte. Mäuse, Ratten oder sonstige Schädlinge, die einst erfolgreich von der Insel verbannt wurden.
So warten wir auf den persönlichen Abholdienst. Ich starre durchgängig, als habe mich jemand hypnotisiert, auf den Strand, der vor uns liegt. Er ist so strahlend weiß, dass es in meinen Augen blendet. Und dann diese Stille. Am Ufer sehe ich ein weißes Boot, weit und breit keine Menschenseele, nur der ein oder andere Katamaran, der sich neben uns gesellt und mit uns wartet. Die Motoren sind abgeschaltet und wir bewegen uns mit den Wellen.
Dann ist es soweit. Es ist Punkt 10 Uhr, als ich Bewegungen am Ufer sehe. Mitarbeiter schieben das weiße Holzboot ins Meer und holen uns nacheinander ab. “Bonzour madam” strahlt mir ein junger Mann in einem leuchtend blauen T-Shirt entgegen, als er unser Boot erreicht. Ich steige ein und wir fahren mit Volldampf auf den Strand. Die Betonung liegt auf Volldampf, denn nasse Füße soll man beim Aussteigen als Besucher nicht bekommen. Und so setze ich meine Füße als erstes direkt in den puderweichen Sand.
Es dauert keine zwei Sekunden, bis die Gruppe von unserem Boot von einem Naturschutzmitarbeiter abgeholt und in eine Art offene Eingangshalle gebracht wird. Nur ich darf noch bleiben. Ich bin zwar nicht von der Presse, bin aber heute in einem speziellen Auftrag hier. Jeder ist auf einer Liste namentlich erwähnt. Auf eigene Faust die Insel entdecken darf man nämlich nicht. Aber nicht nur deswegen, sondern auch wegen der 500 Ruppees Naturschutzgebühr, die jeder Besucher auf der Insel zahlen muss.
Cousin ist Naturschutz
Cousin Island ist eine Naturschutzinsel und – abgesehen von einer Handvoll Biologen – wohnen dort keine Menschen. Einst eine Kokosnussplantage wurde Cousin 1968 durch die International Council for Bird Protection (heute Bird Life) aufgekauft, um den auf den Seychellen endemischen Seychelles Warber zu schützen. Die Art war vom Aussterben bedroht und die allerletzten 26 Exemplare wurden in einem Mangrovengebiet auf Cousin entdeckt. Sämtliche Kokosnusspalmen wurden auf der Insel vernichtet, um den heimischen Bäumen Raum zu geben. Mit ihnen vermehrte sich auch die Population des Warblers sehr schnell, bis einige Exemplare Anfang der 80er sogar nach Aride und Cousine Island (es gibt die Inseln Cousin und CousinE) sowie auf weitere Inseln ausgesetzt werden konnten. Das Ziel waren 5.000 Exemplare auf fünf Inseln. Heute ist der endemische Seychelles Warbler keine bedrohte Art mehr. Und wenn jemand nach Erfolgsgeschichten des Naturschutzes der Seychellen fragt, dann ist Cousin Island ganz sicher eine von ihnen. Wenn nicht sogar eine der größten.
Aber nicht nur diese Vogelart profitierte vom Naturschutzprojekt Cousin Island. Auch viele weitere Arten konnten sich erholen, so zum Beispiel der Seychelles Magpie Robin. Von ihm kämpften nur noch wenige Exemplare auf Fregate um das Überleben. Die einstige Kokosnussplantage ist heute ein heimischer Wald, ein Paradies für heimische Tier- und Pflanzenarten. Neben Vögeln beherbergt sie auch eine Reihe von Reptilien wie Riesenschildkröten, die hier frei in ihrer natürlichen Umgebung leben, und fünf endemische Eidechsen. Auch sieht man auf Cousin den seltenen Riesenlizard.
Die Insel gilt außerdem als einer der wichtigsten Brutplätze im westlichen Indischen Ozean für Hawksbill-Schildkröten. Seit 1972 gibt es ein Überwachungsprogramm, um sie zu schützen. Ihre Nester wurden in dieser Zeit fast um das 10-fache erhöht.
Englisch dort, Französisch hier
Ich stehe immer noch unter dem kleinen Abdach der Hütte mit all den anderen Besuchern. Wir werden jetzt in Gruppen eingeteilt. Es gibt eine englische und eine französische mit jeweils einem Guide, einem Naturschutzmitarbeiter der Insel. In meiner Gruppe sind etwa 20 bis 25 weitere Personen. Hört sich viel an, ist es auch, aber ich habe schließlich keine private Tour gebucht. Die gibt es hier auch gar nicht.
Auf dem Weg durch den Wald wird mir erst mal bewusst wie anders die Vegetation auf Cousin ist. Kokosnusspalmen, die ja für uns eigentlich das Merkmal eines Paradieses sind, wurden vernichtet. Sie gehören hier nicht hin und rauben heimischen Arten den Platz.
Neben mir brüten Vögel auf dem Boden und lassen sich von uns kaum stören. Ein Stück weiter laufen uns zwei Riesenschildkröten über den Weg. Und unten auf einem Holzstumpf sehe ich den Wright’s skink (Teng teng) sitzen, eine XXL-Version der Lizard-Art, die man überall auf den Seychellen sieht. Er ist um die 30 cm groß.
Unser Guide Alex raschelt plötzlich am Boden. Mit seinen Füßen entfernt er Blätter und legt den Waldboden frei. Es dauert nicht lange bis ein endemischer Vogel, der Seychelles Magpie Robin, kommt und dort nach Futter gräbt. Direkt neben uns. Zwei Meter entfernt.
Die geführte Tour dauert rund 80 Minuten. Bis wir wir wieder zu unseren Booten gebracht werden, haben wir am Ende noch 30 Minuten Zeit. Wir dürfen uns am Strand aufhalten und wer möchte kann baden. Um 12.30 Uhr sind spätestens alle Menschen verschwunden. Dann ist die Besuchszeit beendet, genauso wie an Feiertagen und am Wochenende.
Ökotourismus selbstfinanziert
Cousin Island ist eine Nichtregierungsorganisation der Seychellen und finanziert sich selber. Ein Besucher tut hier also Gutes und unterstützt mit der Gebühr von 500 Rupees aktiv den Naturschutz der Insel. Wer eine Tour bei einem Anbieter bucht, hat diese Gebühr bereits im Gesamtpreis enthalten.
Die Insel Cousin bietet selber keine Touren an. Auf den Hauptinseln gibt es jedoch viele lokale Bootsanbieter. Empfohlene sind zum Beispiel Angel Tours auf Praslin (mehr Infos hier oder hier) oder auch Martin von der Unterkunft Beach Villas (mehr Infos hier). Auch von La Digue aus ist die Tour möglich. Durch die Nähe von Cousin zu Praslin und der damit längeren Anfahrt ist der Preis jedoch um einiges höher. Es gilt zu beachten, dass der Bootsanbieter nur für den Transfer zuständig ist. Vor der Küste werden die Gäste von den Naturschutzmitarbeitern abgeholt und sind dann dort in deren Hand. Wer Geld sparen möchte, kann versuchen, sich ein seriöses Taxiboot zu organisieren. Bezahlen sollte man aber erst nach der Abholung, sonst sieht man es vielleicht nie wieder.
Wer noch mehr unterstützen möchte, kann spenden. Die Insel wird durch Nature Seychelles betreut, die noch viele weitere Projekte unterstützen. Mehr Infos zum Thema Spenden gibt es hier.
Übrigens ist die Insel nicht zu verwechseln mit ihrer Nachbarinsel Cousine Island, auf der sich eine Luxusunterkunft befindet. Cousin ist hingegen eine reine Naturschutzinsel ohne Übernachtungsmöglichkeit.