„Ein einzelnes Tier zu retten verändert nicht die Welt,
aber die ganze Welt verändert sich für dieses eine Tier!”
– unbekannt
Als ich vor über 10 Jahren das erste Mal auf die Seychellen kam, hatte ich keine Ahnung, wie das dort mit Haustieren überhaupt läuft. Mit der Urlauberbrille machte ich mir eine schöne Zeit und freute mich damals riesig über einen Hund, den ich zufällig am Strand entdeckte. “Samousa” heißt die Hündin, verriet mir ein Einheimischer in meinem Alter. Ich glaubte es. Dabei war es ein erfundener Name und nur der Versuch eines Seychellois, mich mit einer vorgespielten Tierliebe zu beeindrucken.
Das weiß ich heute ganz sicher. Aber es wurde mir auch bei meiner nächsten Reise klar, als mir die gleiche Person plötzlich einen anderen Hundenamen sagte, als ich ihr das Foto zeigte. Ganz nebenbei erwähnte sie dann auch, dass die Hündin wohl vergiftet worden sei. Ich konnte das damals gar nicht glauben. „Einen Hund vergiften?”. „Ja, das sei hier ganz normal, denn irgendwann werden es ja sonst zu viele.” Aha, dachte ich mir. Meinen ersten Rückschlag vom Paradies musste ich damals erst einmal verarbeiten.
Wenn ich an meine Kindheit denke, denke ich an Tiere. Wir hatten Hunde, Katzen, unzählige Hühner und über zehn Pferde. Ein Leben auf einem Kotten, ich hätte mir für meine Kindheit nichts Schöneres vorstellen können. Alles drehte sich um Vierbeiner. Doch irgendwann sind wir an den Stadtrand gezogen. In ein Haus, das nicht von Weiden und Wäldern umringt war, sondern plötzlich nur noch von einem mittelgroßen Garten. Als dann mein Studium anfing, verkauften wir auch mein letztes Pferd, weil ich einfach keine Zeit mehr dafür hatte. Das Studium ging dann in eine Festanstellung über und damit verschwand auch jeder Funke Hoffnung, mal wieder ein Tier zu haben.
Wie alles begann
Als ich meinen 9-to-5-Job 2016 an den Nagel hing, lag es nicht daran, dass er mir nicht gefallen hat. Ganz im Gegenteil, ich liebte meine Arbeit im Online Marketing, aber ich hatte es Leid für andere zu arbeiten. Ich wollte keinen Stress, keinen Druck und auch keine Verpflichtungen mehr. Ich wollte die Freiheit, für mich selbst arbeiten und endlich den Schritt wagen, von dem ich so lange träumte.
2016 saß ich dann auf La Digue an meinem Inselschreibtisch. Plötzlich hatte ich Zeit. Zeit, um nachzudenken. Zeit, um Dinge zu machen, die ich möchte. Zeit, um meinen Körper zu entschleunigen. Und ja, auch Zeit für ein Haustier.
Und wie es der Zufall dann so will: Eines morgens hörte ich zwei Katzenbabies in unserem Garten. Sie waren so scheu, dass ich nicht näher als fünf Meter an sie heran kam. Es dauerte drei Monate und unzählige Thunfischpackungen und Fischreste (Katzenfutter gab es zu dieser Zeit auf den Seychellen noch nicht), bis ich sie zum ersten Mal berühren konnte. Irgendwann schliefen sie sogar auf unserer Veranda auf dem Sofa.
An ihrem letzten Abend saß ich zusammen mit ihnen draußen auf dem Fußboden. Die beiden Kätzchen hatten endlich Vertrauen zu mir. Als hätte ich es geahnt, habe ich besonders viel Zeit mit ihnen verbracht und wollte mich gar nicht so richtig verabschieden, um schlafen zu gehen. Irgendwas in meinem Inneren gab mir ein komisches Gefühl, das ich mir erst im Nachhinein so richtig klar wurde.
Am nächsten Morgen waren sie dann verschwunden. Jedes Suchen hat nichts ergeben. Bis dann nach zwei Tagen plötzlich ein unerträglicher Gestank in der Luft lag. Ein Blick auf das Grundstück des Nachbarn brachte schnell die traurige Klarheit. Sie wurden vergiftet und haben es keine zwei Meter von der Schale mit dem Gift geschafft. Daneben lagen ein paar tote Schnecken und Vögel.
Unser Nachbar hatte sie vergiftet, weil sie, so sagte er, auf sein Grundstück gelaufen sind. Ich war am Boden zerstört. So sehr, dass ich am liebsten in den nächsten Flieger nach Deutschland gestiegen wär. Nach ein paar Wochen ging es mir dann besser.
Jeder Wunsch, ein weiteres Haustier zu haben, war jedoch verflogen.
… und dann kam Zanmalak
Ein paar Monate später stand plötzlich ein kleiner Kater vor dem Fenster. Er miaute ununterbrochen. Anfangs versuchte ich ihn zu ignorieren. Zu groß war die Angst vor unserem Nachbarn und das Risiko wollte ich mit keinem weiteren Tier eingehen. Das hielt ich dann drei Tage durch.
In dieser Zeit blieb der kleine Kater mit dem fluffigen Puschelschwanz in unserem Garten und wartete im Zitronengras. Er hatte sein neues Zuhause schon längst gefunden, nur ich wusste es noch nicht. Das wurde mir erst recht klar, als wir vier Tage auf die Hauptinsel Mahé mussten und er bei unserer Rückkehr immer noch da war. Ich hatte eine neue Katze.
Das ist jetzt 10 Monate her. Diesen Sommer wartete er während unserer Europareise sogar drei Wochen auf mich, in der Zeit war er sogar ganz alleine. Seitdem weicht er mir nicht mehr von der Seite. Und bekommt das beste Katzenfutter aus Deutschland. Lieben Dank an meine Leser, die mir immer wieder eine Monatspackung mitbringen. Ihr seid so toll!
Kleiner Nachtrag: Heute, 2020, gibt es mittlerweile auch Katzenfutter auf den Seychellen zu kaufen. Er erhält aber nach wie vor Premiumfutter aus Deutschland.
Lion
Nach all der Zeit war auch klar, dass – auch wenn ich es von Herzen wollte, weil ich Hunde so sehr liebe – auf den Seychellen keinen Hund halten möchte. Erstens gibt es sie hier im Überfluss und es werden immer mehr. Zweitens werden sie ständig vergiftet. Und drittens hatte ich keine Ahnung, was ich machen soll, wenn ich in den Urlaub oder in die Heimat fahre. Dennoch war ich der Überzeugung, dass mir wenn überhaupt das Schicksal irgendwann einen Hund zuspielen würde.
Eines morgens hörte ich hinter unserem Haus ein Wimmern. Als ich nachschaute, entdeckte ich einen kleinen Welpen in einer etwa 30 cm kleinen Gitterbox. Unsere anderen Nachbarn hatten sich einen Hund zugelegt.
Die Mutter des Welpens war vergiftet worden, als er eine Woche alt war, und der Besitzer hatte die Kleinen auf der Insel verteilt. Der Anblick tat mir in der Seele weh, da wusste ich jedoch noch nicht, dass es noch schlimmer kommen würde. Ich holte ihn daraus und kümmerte mich um ihn, denn bei den Besitzern schien er auf kein großes Interesse zu stoßen.
Der kleine Lion lebte fortan unter einem Bretterverschlag. Ich war die Einzige, die sich um ihn kümmerte. Er hatte damals schon mein Herz gestohlen. Etwa zwei Wochen später war er verschwunden. Ich schlich mich ums Haus herum und traute meinen Augen nicht. Da war eine Holzbox, etwa 1 m groß, mit Wellblechdach und auf drei Seiten verschlossen. Und der kleine Lion mittendrin.
Auf mein Nachfragen, machte man mir klar, er müsse sich an sein Zuhause gewöhnen. Mir tat es in der Seele weh. Ich wartete bis dort alle aus dem Haus waren und holte ihn raus. Es dauerte keine 5 Minuten, bis eine wild gewordene Frau auf mich zu gestürmt kam. Ich solle sofort aufhören ihren Hund zu klauen, sonst würde sie die Polizei rufen. Ich habe mich noch einige Nächte heimlich zur Box geschlichen, um nach ihn zuschauen. Sie war mittlerweile jedoch zugenagelt. Auf Anraten meines Freundes, mich da rauszuhalten, es sei ja schließlich nicht mein Hund, versuchte ich die kommenden Monate das Drama in der Nachbarschaft auszublenden.
Es vergingen sechs Monate, bis wir herausfanden, dass die Besitzerin nach Mahé gezogen ist. Lion hat sie einfach zurückgelassen. Das war unsere Chance. Wir fuhren auf die Hauptinsel und besorgten Leine & Co. und holten ihn am Nachmittag da raus. Sein Zustand hat mein Herz gebrochen. Er war schwach und total verängstigt, voller Flöhe, total abgemagert, der Bauch und die Seiten blutig und wund gescheuert. Er konnte kaum laufen, weil er seine Beine die ganze Zeit nie trainiert hatte. Nach dem Blick in die Box heulte ich einfach nur los. Der Anblick, in was er da die letzten Monate hausen musste, war einfach nur schrecklich.
Aber wie gewöhnt man einen 6 Monate alten Welpen an Menschen, wenn er seit seiner Geburt nie jemanden um sich hatte? Wir legten ihm ein Geschirr an und er windete sich durchgehend um die eigene Achse. Ich band ihn die Nacht an einer langen Leine an einen Baum an, damit er sich beruhigen konnte, und gab Wasser und etwas zu fressen.
Am nächsten Morgen sah es schon besser aus. Ich badete ihn mit Flohshampoo und was da aus allen Poren raus kam, werde ich nie vergessen. Ich schmierte seine Wunden mit einer Creme ein und gab ihm eine riesengroße Portion Fisch mit Reis.
Es dauerte nur wenige Tage, bis er mir komplett vertraute. Er lernte an der Leine und am Fahrrad fahren. Er sah zum ersten Mal das Meer und schwamm sofort los. Ich erinnere mich noch genau an den Moment, als er das erste Mal am Strand tobte – das hat mich so glücklich gemacht. Nur mit Menschen, vor allem männlichen Seychellois, tut er sich noch sehr schwer.
Fortsetzung folgt..
Möchtest du auf den Seychellen etwas Gutes tun? Dann spende an folgende Organisationen:
- Pet Haven Society Seychelles
- Seychelles Animal Welfare Society (SAWS)
- Blue House for Dog Lovers (La Digue)
[/su_note]
12 Kommentare
Danke für deinen ehrlichen Bericht. Es trauen sich nicht viele, das so offen anzusprechen. Man macht sich ja vermutlich nicht nur Freunde damit. Mein Respekt dafür!
Und auch dafür, dass du nicht nur darüber schreibst, sondern auch etwas dagegen unternimmst.
Viele Grüße
Katja
Hi Katja,
danke für deinen Kommentar. Ich möchte einfach gerne meine Erfahrungen wieder geben und die sind natürlich nicht immer nur positiv. ❤️ LG Simone
Beim Lesen ganz oft Pippi in den Augen gehabt ❤️ Ich wünsche Euch nur das Beste. Was für schöne Seelen
Danke, ihr Lieben. Bis spätestens auf der ITB!
Da bricht mir das Herz :( Wie schön, dass du diesen beiden ein ganz liebevolles, neues Zuhause gegeben hast!! <3
Danke dir! <3
Hallo Simone,
ganz liebe Grüße nach La Digue .. meine Lieblingsinsel.
Ich brüte jetzt schon seit Stunden über Deinem Text .. hab hin & her überlegt, jetzt schreibe ich doch einen kurzen Kommentar. Es bewegt mich sehr zu lesen, dass in einem Land, das den Naturschutz in seine Verfassung aufgenommen hat und viele Naturschutzgebiete hat (inkl. UNESCO), so schlecht mit Tieren umgegangen wird. Ich laufe selbst nicht mit Scheuklappen durch die Gegend, war schon mehrmals auf den Seychellen und das ein oder andere ist mir schon aufgefallen, aber dass die Tiere vergiftet werden und in winzige Käfige gesperrt, das ist mir neu … das schockiert mich wirklich. Ich bin sehr traurig …. Vielen Dank an Dich, dass Du zumindest zwei von ihnen gerettet hast. Wenn man sowas liest, möchte man immer sofort mehr tun und die Leute wachrütteln …. ich hoffe, dass noch mehr Menschen wie Du und z.B. PET HAVEN, die vor Ort sind, aktiv werden und helfen dieses Unheil zu beenden.
Hallo Nina,
danke für deinen Kommentar und sorry für die späte Beantwortung. Viele Dinge sieht man als Urlauber einfach nicht und viele blenden es auch aus. Der Umgang mit Tieren ist auch das, womit ich auf den Seychellen am wenigsten klar komme und auch ich muss oft Dinge einfach ausblenden. Anders geht es nicht. Ich versuche aber einiges zu unternehmen, sammle zum Beispiel regelmäßig Spenden, um die wenigen Organisationen zu unterstützen. Es soll auch bald ein Gesetz kommen, das den Umgang mit Tieren regelt – so etwas gibt es derzeit noch gar nicht. Liebe Grüße, Simone
Hallo Simone,
auch ich finde es toll, dass du dich für den Tierschutz einsetzt und 2 Tiere aufgenommen hast. Aufklärung diesbezüglich, scheint auch auf den Seychellen nötig, trotz, wie ich nachlesen konnte, Naturschutz gross geschrieben wird. Kastration und im Optimalfall einen Chip mit Registrierung ist eine respektable Lösung.
Wir möchten Anfang 2020 die Inseln besuchen. Da du Insider-Wissen hast, kannst du den Reisevermittler My Seychelles empfehlen?
Gruss Dörte
Liebe Dörte,
danke für deinen Kommentar. Andere Länder, andere Sitten. Das gilt natürlich auch für die Seychellen. Umso schöner ist es, sich bei diesen Themen zu engagieren. Bzgl. „My Seychelles” habe ich keine Erfahrungen.
Liebe Grüße,
Simone
Liebe Simone, danke für deine Antwort.
wir haben gebucht. Ich freue mich sehr auf diesen Urlaub.
Wir werden 5 Tage auf La Digue sein (Inselhopping), vielleicht sieht man sich.
Ich werde dann auch versuchen, das Animal Shelter in Mahe anzuschauen..
Viele liebe Grüsse Dörte
Wirklich ein sehr interessanter Ort. Ich würde es gerne sehen.